Die Presse und meine Twitter Timeline sind voll von der Nachricht zur Arbeitszeit:
EuGH Urteil: Arbeitszeit muss vollständig erfasst werden
Der Tag der Veröffentlichung des Urteils
Eifrig wurde die Nachricht gestern geteilt und verbreitet. Eine gewisse “Panik” schwingt bei der ein oder anderen Aussage mit. Der Verlust von Flexibilität wird befürchtet. Auf das Urteil des EuGH wird reagiert und es wird eifrig kommentiert.
Schön fand ich insbesondere die Aussage vom BDA (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände):
Wir Arbeitgeber sind gegen die generelle Wiedereinführung der Stechuhr im 21. Jahrhundert. Auf die Anforderungen der Arbeitswelt 4.0 kann man nicht mit einer Arbeitszeiterfassung 1.0 reagieren.
Die Überschriften und gewählten Auszüge aus dem Urteil suggerieren viel: “Die Arbeitszeit muss vollständig erfasst werden.” So verwundert nicht, dass bereits am Tag der Veröffentlichung des Urteils die Aussage durchs Netz geistert: Vertrauensarbeitszeit ist nicht mehr möglich. Sämtliche Experten haben eine Meinung zu dem Thema.
Bedeutet das das Ende von New Work?
Die Befürchtungen sind groß – die bereits jetzt gezogenen Schlüsse auch.
Schluss mit der Panik
Nachdem gestern die Aufregung groß war, ist jetzt – am Tag danach – die Zeit gekommen, mal in Ruhe zu reflektieren, das Urteil vollständig zu lesen und vor allem zu analysieren.
Als Berater ist es unser Auftrag, Ruhe in eine Situation zu bringen.
Ich habe gestern so viel Quatsch über das Urteil des EuGH gelesen und so viele viel zu kurz gezogenen Schlüsse. Und Panik zu verbreiten bringt gar nichts.
So schnell, wie die Reaktionen gestern fluteten, ist auch nicht jede Aussage, Schlussfolgerung und Empfehlung Ausfluss einer umfangreichen und fundierten Auseinandersetzung mit dem Urteil des EuGH und den sich hieraus ergebenden Folgen. Das geht gar nicht.
Daher gilt: Ruhe bewahren. Nachdenken, sprechen und diskutieren.
Diskutieren Sie
Denn das ist mir an dieser Stelle ganz besonders wichtig:
Die Diskussion rund um das Thema Arbeitszeit und Flexibilität ist wichtig. Deshalb ist es so wichtig, dass diese Diskussion jetzt weiter angestoßen wird. Und es ist so wichtig, dass wir nach dem ersten Paniktag gestern nicht aufhören hierüber zu diskutieren, auf allen Ebenen.
Denn was der EuGH gemacht hat, ist nicht, die Arbeitgeber zu einer Stechuhr zu verpflichten. Unternehmen müssen jetzt nicht losrennen und Arbeitszeiterfassungssysteme kaufen.
Sondern der EuGH hat dem nationalen Gesetzgeber einen Handlungsauftrag gegeben. Denn es liegt an ihm die konkreten Modalitäten auszugestalten. Es liegt an unserem Gesetzgeber, keine “Arbeitszeiterfassung 1.0” zu regeln.
Das bedeutet, es ist enorm wichtig, dass unsere Diskussionen und Ideen fortgesetzt werden. Denn jenseits der noch zu beantwortenden Frage, wie der nationale Gesetzgeber die sich aus der Arbeitszeitrichtlinie und der Charta unter Berücksichtigung der Ausführungen des EuGH ergebenden Verpflichtungen gestaltet, könnte der Zeitpunkt auch genutzt werden, weitere Regelungen rund um das Thema Arbeitszeit anzupassen.
Daher meine Bitte:
Diskutieren Sie weiter! Diskutieren Sie in jedem Kontext und in unterschiedlichen Systemen.
Deswegen: Bleiben Sie bitte dran und diskutieren Sie, gestalten Sie mit. Wie sieht die Arbeitswelt 4.0 aus? Wie sieht unsere Arbeitswelt der Zukunft aus?
Mehr zum Thema Arbeitszeit auch in Zukunft hier auf dem Blog. Kontaktieren Sie mich gerne, wenn ich Sie zum Thema Arbeitszeit beraten soll.
Kathrin Hartmann
Rechtsanwältin / Culture your System